Die Europawahlen finden vom 6. bis 9. Juni 2024 in allen 27 Mitgliedstaaten statt. Die Bürger:innen der Europäischen Union wählen hierbei die Mitglieder des Europäischen Parlaments. Aber was ist denn eigentlich das Europäische Parlament? Darfst du vielleicht auch (schon) wählen? Wer wird da eigentlich gewählt? Und warum gehen die Wahlen drei Tage lang?
Das Europäische Parlament ist die Vertretung der Interessen der EU-Bürger:innen. Es ist, wie der Name schon sagt, ein Parlament – vergleichbar mit dem Bundestag –, das heißt ein Legislativorgan, das vor allem an der europäischen Gesetzgebung beteiligt ist (mehr Infos dazu findest Du in unserem Beitrag über die EU-Institutionen).Das Europäische Parlament ist das einzige direkt von uns EU-Bürger:innen gewählte Organ der Europäischen Union. Gewählt wird alle fünf Jahre.
Der Ablauf der Europawahlen variiert leicht zwischen den Mitgliedstaaten, denn in Artikel 14 Absatz 3 EU-Vertrag (EUV) steht dazu nur: „Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt.“ Das heißt, dass die Mitgliedstaaten das Wahlrecht zur Europawahl im Rahmen dieser Grundsätze eigenständig regeln können. Wie das in jedem Mitgliedstaat genau aussieht, könnt ihr hier nachlesen. Deshalb schreiben wir auch Europawahlen im Plural, weil in mehreren Mitgliedstaaten gewählt wird. Weil die Mitgliedstaaten das Wahlrecht im Einzelnen festlegen, dürfen sie z.B. auch entscheiden, an welchem Wochentag die Wahl stattfindet. In Deutschland ist die Wahl an einem Sonntag, in Irland dagegen an einem Freitag. Deshalb dauern die Europawahlen mehrere Tage.
Außerdem unterscheidet sich, wofür genau wir überhaupt unsere Stimme abgeben können. Einige Mitgliedstaaten verwenden eine nationale Wahlliste, so zum Beispiel Deutschland (§ 2 Europawahlgesetz – EuWG). Das bedeutet, dass die Bürger:innen dabei nicht einzelne Kandidat:innen, sondern Parteien wählen. Jede Partei stellt eine Liste von Kandidaten auf, die sie ins Europäische Parlament entsenden möchte (sog. Wahlvorschläge, § 9 EuWG). Die Wähler:innen geben dann ihre Stimme für eine Partei ab. Interessant ist, dass bei der Europawahl die nationalen Parteien (z.B. SPD oder Grüne) antreten, also diese Parteien auf unserem Wahlzettel stehen. Im Europäischen Parlament schließen sie sich dann mit ihren Parteivertreter:innen aus den anderen Mitgliedstaaten zu europäischen Fraktionen (z.B. The Greens oder zur European People’s Party (EPP)) zusammen. Eine Ausnahme gibt es: Volt. Diese 2017 gegründete pro-europäische Bürgerbewegung ist in 24 Mitgliedstaaten als Partei registriert und tritt dort in 14 davon bei der Europawahl an.Die Sitzverteilung im Europäischen Parlament erfolgt anteilig zu den erhaltenen Stimmenanteilen der Parteien. Die Listenplätze der Kandidat:innen werden dabei in der Reihenfolge besetzt, in der sie auf der Liste stehen. Andere Mitgliedstaaten ermöglichen es, zusätzlich eine Präferenz für bestimmte Listenkandidat:innen abzugeben, zum Beispiel Österreich, Dänemark oder Italien. Die Anzahl der Sitze, die jeder Mitgliedstaat im Europäischen Parlament innehat, hängt von seiner Bevölkerungsgröße ab, z.B. die Maximalzahl von 96 Sitzen für Deutschland, Polen mit 52 Sitzen und Zypern mit der Minimalzahl von 6 Sitzen.1 Insgesamt hat das Europäische Parlament maximal 750 Abgeordnete.
Du bist 16 Jahre oder älter? Glückwunsch, du darfst auch wählen! In Deutschland (§ 6 Absatz 1 EuWG) und z.B. auch in Österreich dürfen alle EU-Bürger:innen nämlich ab 16 Jahren mitwählen. Außerdem dürfen in Deutschland auch andere EU-Bürger:innen z.B. aus Frankreich, Griechenland oder Spanien abstimmen, wenn sie seit mindestens drei Monaten in Deutschland wohnen (§ 6 Absatz 2 EuWG). Sie müssen also nicht in ihrem Heimatstaat wählen, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat wohnen.
Die Europawahlen sind, wie andere Wahlen auch, ein zentraler und wichtiger Bestandteil des demokratischen Prozesses in der EU, da sie den EU-Bürger:innen die Möglichkeit geben, direkten Einfluss auf die Gestaltung der EU-Politik zu nehmen und ihre direkt gewählten Vertreter:innen im Europäischen Parlament zu bestimmen. Gerade das Wahlrecht ab 16 Jahren, wie in Deutschland oder Österreich, unterstreicht, wie wichtig die Teilnahme junger Menschen an der Gestaltung unserer europäischen Zukunft ist – daher geht unbedingt wählen, wenn ihr bereits dürft! Die Europawahlen fördern das Gefühl einer „europäischen Identität“, indem sie allen Menschen in der EU die Möglichkeit geben, an einem gemeinsamen politischen Prozess teilzunehmen. Außerdem ist eine der Aufgaben des Europäischen Parlaments, Gesetze (zusammen mit dem Rat) zu erlassen und die Europäische Kommission zu wählen und ihre Arbeit zu überwachen. Die Ergebnisse der Europawahl beeinflussen also unmittelbar die EU-Gesetze und mittelbar die Zusammensetzung und Ausrichtung der EU-Exekutive. Letztlich sind die Wahlen ein Spiegel Europas. Europa ist vielfältig und verschieden, aber am Ende vereint die EU viele Nationen – ganz nach dem Europamotto „In Vielfalt geeint“.